Die Schlange des Bösen -  von Ju Honisch

Buchrezension von Sabine Seyfarth

Ein heimliches Englisches College, eine beschworene Schlange, das Böse dahinter und der Kampf dagegen. Klingt wie Harry Potter? Klingt so, aber es hat die Mängel nicht, die mir bei Potter nicht gefallen haben. Elinor ist eine kluge aufgeschlossene undfleißige Adeptin- im Gegensatz zu Harry, der ohne das Wissen seiner Freundin aufgeschmissen wäre. Sie wird nicht hofiert weil ihre Eltern toll waren, sondern sie muss sich selbst beweisen und sie reflektiert sehr viel über sich und ihr Können oder Nichtkönnen. Also für mich eine viel sympathischere Protagonistin. Sie ist auch über 20 Jahre alt und damit kein Teenager mehr. Ihre Kommilitonen haben verschieden Schwierigkeiten, die nicht einfach so mal weg zu zaubern sind, sondern sie müssen sich annehmen und damit umgehen – was zum Beispiel bei einem Werwolf nicht einfach ist. 
Als Leser gehen wir in das England 1887. Gerade ist es möglich geworden, dass auch Frauen studieren. Die Protagonistin will studieren. Sie hat mit ihren Eltern die Welt bereist und ist also sehr viel offener als die Frauen der normalen englischen Gesellschaft. Leider sind ihre Eltern und ihr einziger Bruder bei einem Brand ums Leben gekommen. So lebt sie bei ihrer sehr konservativen Tante. Diese sieht natürlich die Zukunft einer jungen Frau in der Heirat. Trotzdem macht sich Elinor auf den Weg nach Cambridge um sich zu bewerben. Leider ohne Erfolg. Als sie dann auf der Straße einer Schlange begegnet, die nur für sie sichtbar zu sein scheint und es ihr gelingt, diese  daran zu hindern, sie zu fressen, wird sie von einigen Männern mitgenommen in ein College, welches von der Welt abgeschieden ist. Ihr wird angeboten dort zu studieren, allerdings als einzige Frau. Es ist eine Universität, die arkane Fähigkeiten lehrt. Dort schwingt man keinen Zauberstab, sondern es wird gelehrt, die Energielinien zu benutzen. Außerdem gibt es magisch begabte Wesen, die aus der Verbindung mit Feyn entstanden sind  - Chimären verschiedenster Art. Werwölfe, Vampire und mehr.
Als erste und einzige Frau gibt es natürlich eine Sonderbehandlung für Elinor. Ob sie mag oder nicht. Ab und zu ist das ganz nett, aber die Gefahr und manchmal auch Einsamkeit sind die andere Seite.
Nun ist so eine Schlange, so eine riesige Schlange, die überall hin kann eigentlich schon schlimm, aber das ist zu wenig für diese Geschichte. Da gibt es noch die Bruderschaft. Mönche, die zur Reinhaltung der Welt alles beseitigen wollen, was in ihren Augen „gottlos“ ist. Zum Gleichgewicht gibt es auf der guten Seite die Hexenzirkel, feine Damen der Gesellschaft, die die Probleme natürlich Tee-trinkend lösen, soweit sie können.
Für mich war die Geschichte auf vielen Ebenen spannend. Die Schilderung der Gedanken Elinors zwischen „guter“ Erziehung, modernen Gedanken und normalen Wünschen. Die zwei Seiten der Nutzung arkaner Energie, wie können sie zusammen wirken? Wie überleben Mischwesen, die nicht nur für andere, sondern auch für sich selbst gefährlich sind? Und natürlich eine wichtige Frage: Für wen von den vielen Männern wird sich Elinor entscheiden? Die Auswahl ist in diesem College ja riesig. Allerdings sollte man sich doch an die Hausregeln halten und enthaltsam leben, denn sonst droht der Rausschmiss.
Ju Honisch erzählt sowohl von starken Frauen als auch sensiblen und empathischen Männern, mit einer sehr schönen Selbstverständlichkeit. 
Die Geschichte ist wundervoll geschrieben  mit einer kleinen Prise Humor, die immer mal durchschimmert und schmunzeln lässt.

Verlag Torsten Low, Softcover, Auf Englisch erschienen, auf Deutsch in zwei Bänden, 
330 Seiten, ISBN 978-3-96629-046-3 (Erscheinungsdatum: 14.03.2025)

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© Michael Baumgartner